Medieninformation vom 12.10.2018

Wahlanfechtung TVB Osttirol

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte über Beschwerden gegen zwei Bescheide der Tiroler Landesregierung, mit denen jeweils Anträge auf Wahlaufhebung abgewiesen wurden, zu entscheiden. Diese Entscheidungen liegen nunmehr mit folgendem Ergebnis vor:

Die durchgeführte Wahl des Aufsichtsrates des Tourismusverbandes Osttirol wird ab Beginn des Abstimmungsverfahrens bzw beginnend mit der Einberufung zur Wahl aufgehoben.

I. Gemäß § 12 Abs 4 erster Satz Tiroler Tourismusgesetz ist das Wahlrecht für die Wahl des Aufsichtsrates in der Vollversammlung oder während des Zeitraumes von einer Woche vor dem Tag der Vollversammlung im Hauptbüro des Tourismusverbandes zu dessen Öffnungszeiten auszuüben.

Im gegenständlichen Fall ist man von diesen gesetzlichen Vorgaben abgegangen. Aus Servicegründen gab es neben dem Tourismusverbands-Hauptbüro auch in zwei Nebenbüros des Tourismusverbandes die Möglichkeit zur Stimmabgabe in der Woche vor der Vollversammlung. Dort wurde im Laufe der Woche eine hohe Wahlbeteiligung festgestellt. Zur Vermeidung logistischer Probleme bei der Vollversammlung am Montag dem 18.12.2017 wurde die ursprünglich kundgemachte Wahlzeit in den Tourismusbüros (11.12. bis 16.12.2017) kurzfristig auf Montagvormittag verlängert. Die Weitergabe dieser Information erfolgte erst am 16.12.2017 über die Facebook-Seiten der beiden stärksten wahlwerbenden Gruppierungen sowie durch Aushänge bei den Tourismusbüros.

Der Festlegung von Wahlort und Wahlzeit kommt für die Wahl eine fundamentale Bedeutung zu. Damit soll die Möglichkeit von Manipulationen und Missbräuchen im Wahlverfahren ausgeschlossen werden. Ein Abgehen von den festgelegten Wahlzeiten (und auch vom festgelegten Ort der Stimmabgabe) ist nicht nur gesetzwidrig. Es kann, wie dies der Verfassungsgerichtshof in einem Erkenntnis vom 01.07.1993, WI-6/92, WI-10/92, ausgesprochen hat, auch von Einfluss auf das Wahlergebnis sein, was vor allem dann der Fall ist, wenn diese Wahlmöglichkeit bestimmten Wahlberechtigte mangels gesetzmäßiger Kundmachung nicht bekannt ist. Eine Aufhebung der Wahl im Fall der Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens hat bereits dann zu erfolgen, wenn ein Einfluss dieser Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis möglich ist.

Bei der gegenständlichen Wahl ist offensichtlich, dass die gesetzwidrige Wahlzeitverlängerung auf Montagvormittag vielen Wahlberechtigten nicht zur Kenntnis gelangt ist. Sie war damit von Einfluss auf das Wahlergebnis, sodass bereits diese Gesetzesverletzung zu einer Aufhebung des Abstimmungsverfahrens führte. Die im Gesetz nicht vorgesehene Möglichkeit zur Stimmabgabe in den Nebenbüros des Tourismusverbandes und die fehlende Bestellung eines Wahlleiters in Bezug auf die Wahl in den Tourismusbüros waren ebenfalls von Einfluss auf das Wahlergebnis.

Die Verwendung von Wahlurnen mit Vorhangschlössern ohne Verplombung verstieß gegen § 12 Abs 4 letzter Satz Tiroler Tourismusgesetz. Es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, die eine unzulässige Öffnung der Urne und Manipulationen hintanhalten sollten und ergab sich tatsächlich kein Hinweis auf eine Manipulation, weshalb davon auszugehen war, dass dies ohne Einfluss auf das Wahlergebnis blieb. Es ergab sich auch kein Hinweis auf eine unzulässige doppelte Stimmabgabe.

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II. Nach § 39 Abs 3 Tiroler Tourismusgesetz 2006 ist eine Wahl der Organe eines Tourismusverbandes wegen Rechtswidrigkeit ganz oder teilweise aufzuheben, wenn eine Rechtswidrigkeit erwiesen ist und diese auf das Wahlergebnis von Einfluss war.

Wahlvorschläge für die Wahl des Aufsichtsrates eines Tourismusverbandes sind nach § 12 Abs 3 Tiroler Tourismusgesetz 2006 bis spätestens vier Wochen vor der Wahl einzubringen. Verspätet eingebrachte Wahlvorschläge sind gemäß § 12 Abs 3 drittletzter Satz Tiroler Tourismusgesetz 2006 ungültig.

Aufgrund der im Jahr 2015 geänderten Wahlbestimmungen im Tiroler Tourismusgesetz 2006 besteht nunmehr nicht nur die Möglichkeit der Stimmabgabe bei der Vollversammlung, sondern kann bereits eine Woche vor der Vollversammlung im Hauptbüro des Tourismusverbandes zu dessen Öffnungszeiten gewählt werden.

Da nach der ständiger Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes wahlrechtliche Formalvorschriften strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen sind, hat die Frist zur Einbringung von Wahlvorschlägen für die gegenständlich angefochtene Wahl bereits am 13.11.2017 geendet.

In der Information des Obmannes des Tourismusverbandes Osttirol zur Erstellung und Einbringung von Wahlvorschlägen sowie der Möglichkeit der Ausübung des Wahlrechts war jedoch als Ende der Einbringungsfrist fälschlicher Weise der 20.11.2017 angeführt. Für die Erstreckung der Einbringungsfrist besteht jedoch keine gesetzliche Ermächtigung und war diese daher unzulässig.

Zur gegenständlichen Wahl wurden in gesetzwidriger Weise eine Reihe von Wahlvorschlägen zugelassen, die verspätet eingebracht wurden und damit ungültig waren.

Es wurden auch mehrere Personen von ungültigen Wahlvorschlägen in den Aufsichtsrat des Tourismusverbandes Osttirol und dessen Vorstand gewählt und war daher diese Gesetzwidrigkeit auch von Einfluss auf die Wahl.

Bereits aus diesem Grund war daher der bekämpfte Bescheid, mit dem der Antrag auf Aufhebung der Wahl abgewiesen wurde, aufzuheben und die angefochtene Wahl beginnend mit der Einberufung zur Wahl des Aufsichtsrates des Tourismusverbandes Osttirol aufzuheben, weshalb auch auf die weiteren Gründe der Wahlanfechtung nicht mehr einzugehen war.

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